Konflikte ermöglichen Synergie
Gleich und gleich gesellt sich gerne. Das Fremde empfinden wir als spannende Bereicherung. Was macht dich „gleich“ mit mir, und was macht mich „fremd“ für dich?
Es ist eine Frage der Tiefenmotivation, die uns zu ähnlichen oder unterschiedlichen Ansichten führt. Was uns von Kind an in der Tiefe der Seele bewegt, lässt Gefühle der Angst oder der Freude entstehen. Was bewegt dich?
Menschen wollen leben. Du und ich haben existenzielle Grundbedürfnisse, deren Erfüllung lebensnotwendig ist. Du musst auf deine Sicherheit achten, essen, trinken und schlafen – aber auch wachsen, lernen, neue Welten erobern. Da wir Gemeinschaftswesen sind, kommt hinzu: Du musst gesehen und erkannt werden – aber auch dich anpassen, kommunizieren und dazugehören. Alles gleichzeitig geht nicht. Ich stehe lieber auf einer Bühne, da kann ich gut gesehen werden. Und ich liebe Abenteuer, die helfen mir, neue Welten zu erobern. Wie ist es mit dir?
Wenn du es so wie ich liebst, für etwas Neues anerkannt zu werden, dann werden wir uns mögen. Wenn du mehr auf Sicherheit achtest und gute Kontakte liebst, werden wir beide uns super ergänzen.
Die Grundbedürfnisse bilden naturgegebene Konflikte
Es wäre alles so einfach, wenn es nicht die Unterschiede zwischen und in uns geben würde. Aber, das wäre kraftlos und das Ende der Entwicklung der Menschheit und jedes individuellen Menschen. Energie entsteht durch Unterschiede. Es braucht mindestens zwei unterschiedlich geladene Pole.
Der erste Konflikt: Wachstum oder Sicherheit (rot oder grün)
Durchsetzung: Wer leben will, muss wachsen, muss neue Möglichkeiten erschließen und etwas probieren, was ihm vorher noch nicht möglich war. Auch die Bereitschaft zum Kampf ist nötig, um für sich selbst und seine Partner das Nötige zu erreichen. Wer auf dieses Grundbedürfnis verzichtet, wird nicht einmal laufen lernen, geschweige denn später eine Familie gründen können.
Sicherheit: Alles Neue birgt Risiken. Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Wer nicht auf das eigene Leben achtet, wird es schnell verlieren. Man muss wachsam und bedächtig vorgehen, wenn man heil durch das Leben kommen will.
Die Aufgabe: Man kann nicht gleichzeitig in seiner sicheren Höhle bleiben und auf abenteuerliche Weise ein neues, unbekanntes Land erobern. Dennoch, beide Bedürfnisse müssen befriedigt werden, wenn wir leben und uns fortpflanzen wollen. Entdecke deine Möglichkeiten und Grenzen.
Die Synergie: Ein erfolgreiches Zusammenwirken dieser natürlichen „Gegner“ führt zur Haltung eines Strategen. Mit diesen beiden Gegensätzen im inneren Team oder in der Partnerschaft fühlen wir uns wohl, wenn wir auf der Basis klarer Vorgaben etwas voranbringen können. Die innere Spannung zwischen den Polen Sicherheit und Durchsetzung sorgt für geregelte Entwicklungen. Dynamische Veränderungen, unbekannte Wege oder neue Aufgaben bringen Risiken mit sich. Die schaut sich der Stratege genau an, denn er will keine unnötigen Gefahren auf sich nehmen. Er sucht deshalb nach möglichen Regeln und Sicherungsmöglichkeiten, um seinen Weg kontrolliert gehen zu können.
Der zweite Konflikt: Individualität oder Zugehörigkeit (blau oder gelb)
Individualität: Wer zu seinem Recht kommen will, muss sich von den Anderen irgendwie abheben. Man muss für sich selbst sorgen (das beginnt schon kurz nach der Geburt mit kräftigem Schrei) und zeigen, dass „man da ist“. Ein umjubelter Star zeigt am besten, dass es ihn gibt. Dennoch wirkt Selbstbezug häufig introvertiert, weil nach außen hin nur das Wesentliche kommuniziert wird, denn man hat mehr damit zu tun, für sich selbst (für die eigene Vervollkommnung) sorgen.
Zugehörigkeit: Im Gegensatz dazu strebt das Bedürfnis nach Zugehörigkeit in eine andere Richtung. Als soziale Wesen leben wir in der Abhängigkeit von Eltern, Partner, Unternehmen, etc. Ohne eine gemeinsame Sprache, ohne abgestimmte Verhaltensweisen, würden wir uns nicht integrieren können – und hätten als totale Außenseiter keine Chance zu leben. Dieses Bedürfnis nach Zugehörigkeit fördert die Kommunikation, schließlich will man dazu gehören.
Die Aufgabe: Individualisierung fordert Selbstbezug; Zugehörigkeit dagegen, sich auf die Gemeinschaft zu beziehen. Beides ist überlebenswichtig. Finde die für dich passende Balance.
Die Synergie: Individualität und Integrations- / Anpassungsfähigkeit ergänzen sich zum „Koordinator“. Die Bedürfnisse, sowohl integriertes Mitglied eines Teams zu sein, als auch durch individuelle Erfolge zu glänzen, bestimmen Denken und Fühlen im Inneren Team oder in der Partnerschaft. Der Wechsel zwischen der Nähe zu den Mitstreitern und der nötigen Distanz, um sich konzentriert um die Dinge zu kümmern, ist eine gute Basis für die Koordination gemeinsamer Projekte. Dabei orientiert sich der Koordinator innerhalb menschlicher Beziehungsnetze an vorgegebenen Zielen für seine Sach- und Personalentscheidungen. Er ist meistens gegenwarts- und strukturorientiert, ohne die Aspekte der persönlichen Beziehungen zu vergessen. Anerkennungswünsche und Ablehnungsbefürchtungen beeinflussen seine Entscheidungen. Er strebt Kompromisse als tragfähige Vereinbarungen an.
Der dritte Konflikt: Empathie oder Erkenntnis (weiß oder schwarz)
Empathie: Damit ist das Bedürfnis gemeint, sich so sehr in andere Menschen bzw. die Umwelt einzufühlen, dass wir sie quasi „von innen“ heraus verstehen. Bezogen auf uns selbst heißt das, wir möchten, so wie wir (unsere Gefühle) sind, angenommen werden. Die ersten Erfahrungen des sich gegenseitig Einfühlens geschehen schon vor der Geburt. Wer Menschen in gefühlskalten Beziehungen aufwachsen sieht, weiß, dass Empathie für das Seelenleben unverzichtbar ist. Selbst für kräftige Erwachsene ist auf Dauer das Fehlen von Mitgefühl unerträglich (Isolationshaft, etc.).
Erkenntnis: Im Gegensatz dazu steht das Bedürfnis, „von außen“ Menschen und Objekte wahrzunehmen und voneinander unterscheiden zu können. Spätestens nach einigen Monaten beginnt ein Säugling zwischen Eltern und Fremden zu differenzieren. Dafür braucht es eine gewisse innere und äußere Distanz. Das Bedürfnis nach Erkenntnis ist ebenso existenziell, denn ohne den Weg zu sehen (oder wenigstens zu ertasten) würde man sich nirgendwo orientieren können.
Die Aufgabe: Empathie erfordert absolute Nähe – Erkenntnis dagegen die trennende Distanz. Beide Bedürfnisse sind unverzichtbar, können aber nicht gleichzeitig befriedigt werden. Es geht nur im Wechsel. Lasse Erkenntnis zu, wenn du fühlst und gebe dem Gefühl eine Chance, wenn du etwas klar erkennst.
Die Synergie: Mit diesem Wechsel bestimmen Denken und Fühlen die Persönlichkeit. Das entspricht der Grundhaltung eines Mediators. Das abstrakte Denken ermöglicht die Benennung von komplexen Vorgängen durch die Sprache, eine zutreffende Wahrnehmung der menschlichen Komplexität erfordert Empathie, weil die reine Erkenntnis oder Logik viel zu grob ist, um zu erfassen, was die Mitmenschen bewegt oder hindert. Rationalität und Emotionalität befähigen den Mediator zu einem feinfühligen und dennoch wohl durchdachten Umgang mit ihrer Umgebung. So bilden sich die typischen Eigenschaften von Schlichtern, Vermittlern oder Diplomaten.
Auf dem Weg zum Miteinander
Synergie entsteht, wenn unterschiedliche Kräfte auf das Gleiche ausgerichtet sind. Das gilt für das innere Team und für uns beide, wenn wir als Partner privat oder beruflich zusammenleben und arbeiten.
- Wir fühlen, erkennen und akzeptieren die unterschiedlichen Kräfte in und zwischen uns.
- Wir finden eine Aufgabe oder einen Sinn, der für alle Parteien okay ist.
- Wir entscheiden uns für ein gemeinsames Ziel.
- Wir koordinieren unser Handeln.